30 Jahre Präsidentschaft des Vortragsverein Brig / Oberwallis

Ehrenrabend für Dr. Alois Grichting
Rittersaal des Stockalperschlosses Brig, 26. März 2011, 18.00 Uhr

Musikaliche Umrahmung: 

Eliane Locher-Walpen, Flöte; Paul Locher, Violine; Fabienne Imoberdorf, Viola, Matthias Walpen, Violoncello

Wolfgang Amadeus Mozart: Flötenquartett D-Dur, KV 285

 

Programm „Deutsche Lyrik“

 

Laudatio: Dr. Joseph Fischer, Präsident des Vortragsvereins

Lieber Jubilar Alois Grichting, Past- und Ehrenpräsident des Vortragsvereins

Du bist im Oberwallis über Jahrzehnte in allen Belangen der Kunst und Kultur so präsent und aktiv gewesen und Du bist es immer noch, dass wir vor Deinem Engagement und Deiner Schaffenskraft nur staunend stehen können, um Dich für diese grossartige Leistung zu bewundern, aber vor allem um Dir zu danken.

Während 30 Jahren standest Du unserem Verein als Präsident vor und die Feier und die Laudatio richten sich beim heutigen Ehrenanlass vor allem an Deine kulturelle Tätigkeit, für die wir Dir unsere Reverenz erweisen.

Was diese Deine Hingabe für die Kultur, für Kunst und Musik, anbelangt ging es Dir wie Johann Wolfgang Goethe, wenn bei ihm Doktor Faust, folgende Aussage macht:

Wie´s in meinem Herzen reisst!

Zu neuen Gefühlen

All´ meine Sinnen sich erwühlen!

Ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben!

Es füllt, es füllet ganz mein Leben!

Dein immenses kulturelles Engagement, ein grosses weitverzweigtes Werk, das Du in Deinem Leben geschaffen hast, entstand nicht von einem Tag auf den andern, sondern ist in Deiner ganzen Biographie, Deinem ganzen Werdegang vorgezeichnet und hat sich bereits in Deinen frühen Jahren bemerkbar gemacht.

Um all Deine kulturellen Verdienste, Deine Talente und Begabungen zu verstehen, müssen wir uns zuallererst nach Agarn begeben, wo Deine Wiege stand.

Du hast im Wonnemonat Mai des Jahres 1933 als Sohn des Emil und der Agnes geborene Hagnauer das Licht der Welt erblickt. Als aufgeweckter Knabe machten sich Deine vielseitigen Begabungen bereits früh bemerkbar und Du besuchtest das damals noch erwiesenermassen klassisch-humanistische Gymnasium Humboldtscher Prägung am Kollegium Brig. Dieses klassisch-humanistische Gedankengut, die alten Sprachen Griechisch und Latein, Geschichte und Philosophie, die Literatur und die Musik brachten Dein Wesen  zum Schwingen und liessen Dich nicht mehr los. Die damals prägenden Jahre und Deine Professoren am Kollegium Spiritus Sanctus haben Dich nachhaltig beeinflusst und sind der Ursprung Deiner Liebe zu  Kunst und Kultur. Du bist diesen humanistischen Idealen die ganze Zeit treu geblieben, sie stehen für Dein Leben.

Schon früh während den Kollegiumszeiten erwachten auch Deine schriftstellerischen Begabungen. Erstaunt durfte ich in der Dir durch den Rottenbund anlässlich des Oberwalliser Kulturpreises im Jahre 2006 gewidmeten Laudatio nachlesen, dass Du zum Thema verkrusteter Unterrichtsformen schriftstellerisch tätig wurdest (ich zitiere aus der damaligen Laudatio): „Unter dem Pseudonym „Pyracmon“ zu deutsch Feuerteufel, liess er sich zu diesem Thema in eine Schreibschlacht in den Oberwalliser Zeitungen mit emeritierten bereits etwas ergrauten Professoren ein.“ (Ende Zitat). Feuerteufel, Kampf des Guten mit dem Bösen: etwas Faustisches steckte schon immer in Deinem Charakter, was auch der Grund sein mag, dass Johann Wolfgang Goethe Dein Lieblingsdichter wurde, denn Goethe sah sich  selbst in Doktor Faust verkörpert. Dein Naturell scheint mit dem Dichterfürsten Goethe und seinem Hauptwerk, dem Doktor Faust, wesensmässig in tiefem Einklang zu stehen. Deshalb bewahrheitet sich in Bezug auf Deine Schaffenskraft, Dein enormes Oevre und Dein Lebenswerk auch das geflügelte Faust’sche Wort:

Nur vor einem ist mir bang

Die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang.

Die früher weit verbreitete Auffassung, dass zur Bildung und zu einem umfassenden  Allgemeinwissen die Natur- und Wirtschaftswissenschaften nicht sehr wichtig seien, hat Dein nach der klassischen Matura A eingeschlagener Weg Lügen gestraft. Die Ausbildung zum Elektroingenieur an der ETH und später der Erwerb des Doktortitels der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Freiburg liessen Dich zu einem der letzten Homo universalis, einer fast ausgestorbenen species rara, werden. Es war Dir dabei immer bewusst, dass für das Verständnis der heutigen Welt nicht nur die Naturwissenschaften unabdingbar sind. Der Charakter, das Gemüt, das Verständnis für Kunst und Kultur und auch die Sozialkompentenz werden, wie Dein Beispiel zeigt,  besonders durch eine klassisch-humanistische Bildung wesentlich gefördert.

Du hattest später auch das Talent und den Drang, Dein Wissen während 33 Jahren einer jüngeren Generation als Kollegiumslehrer in didaktisch vollendeter Form weiterzugeben. Das „docendo discimus“ (durch das Lehren lernen wir) hast Du stets gepflegt und mit Klugheit und Freude weitergegeben.

Alle Deine Verdienste für die Kunst und Kultur des Oberwallis aufzuzählen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Die mehr als 30 Bücher, die Deiner Feder entsprangen, decken fast jedes Fachgebiet ab. Deine Interessen reichen von den „Wallisertitschen Weertern“, die bereits in 5. Auflage erschienen sind, bis zur Informatik, der Mathematik und der Lokal- und Kulturgeschichte. Lange 18 Jahre standest Du auch als kirchlicher Informationsbeauftragter im Dienste der Diözese Sitten. Besonders aber hast Du unserem Verein das Buch zur Vereinsgeschichte geschenkt, das den Titel trägt: „75 Jahre Vortragsverein Brig und Umgebung, 1931-2006, ein Blick in die Oberwalliser Kulturgeschichte“. Eine arbeitsintensive und bestens gelungene Qualitätsarbeit, wofür wir Dir ganz herzlich danken.

Derzeit sichtest Du Dein Lebenswerk mit einem schier endlosen Verzeichnis all Deiner Werke, Deiner Schriften, Deiner Bücher, Zeitungsartikel, Deiner Tondokumente. Bereits ist ein Grossteil Deines Schaffens im Internet abrufbar und für die Nachwelt und das digitale Gedächtnis sichergestellt. Es werden mehr als 10'000 Zeitungsartikel, 400 Radiosendungen und gegen 3000 Filme mit Negativen und Kontaktabzügen zur Oberwalliser Kultur über die Homepage www.aloisgrichting.ch abrufbar sein.

Literatur und Musik standen und stehen in Deinem Leben immer an erster Stelle, Du hast beide verehrt. An der ETH besuchtest Du schon in jungen Jahren die legendären Vorlesungen von Emil Staiger, den mit der Literatur und der Musik eine innige Liebe verband, handelt es doch um zwei Kunstformen, die sich gegenseitig beeinflussen und auch miteinander verwandt sind. Man spricht vom Rhythmus und der Melodie eines Textes. So wie ein Kenner nach einigen Takten den Komponisten erkennen kann, kann sich  auch der Dichter und sein Stil in einem bestimmten Text offenbaren.

Die engen Beziehungen von Literatur und Musik kommen Deinem Wesen und Deinen Begabungen ideal entgegen. Es gelingt Dir, die im Oberwallis gespielte klassische Musik kompetent zu beurteilen und den musikalischen Eindruck sprachlich gepflegt in Worte zu fassen. Du bist sowohl auf der Klaviatur der Musik wie auf derjenigen des Textes ein Meister. Dein musikalisches Wissen hast Du übrigens an der Universität Bern in Vorlesungen und in Seminarien weiter vertieft.

Ist nun die Literatur oder die Musik höher zu werten?

Diesbezüglich hieltest Du Dich an Deinen Lieblingsdichter, Johann Wolfgang Goethe, der sein Leben als Jurist und Referendar begann, dann aber zum Fürsten der deutschen Sprache wurde und seine Gefühle und Empfindungen in ewige Worte und Werke kleidete, der aber vor der Musik den Hut zog, wenn er sagte:

Ich zitiere: „Die Würde der Kunst erscheint bei der Musik vielleicht am eminentesten, weil sie keinen Stoff hat, der abgerechnet werden müßte. Sie ist ganz Form und Gehalt und erhöht und veredelt alles, was sie ausdrückt.
“ (Ende Zitat)

Heute Abend können  wir beides geniessen, Dichtkunst und Musik. Franziskus Abgottspon trägt uns mit seiner wunderbaren Sprache schönste Gedichte deutscher Literatur und Lyrik vor und Paul Locher lässt mit seinem Quartett und seiner Tonkunst die intensivsten Saiten menschlichen Fühlens anklingen, wie dies mit der Musik Mozarts unnachahmlich gelingt.

Im Vortragsverein hast Du während Deiner Präsidentschaft sowohl die Dicht- wie die Tonkunst nachhaltig gefördert und geehrt, dies seit Du im Jahre 1979 aus den Händen von Prof. Louis Carlen, unserem ersten Ehrenpräsidenten, die Präsidentschaft des Vortragsvereins übernommen hast. Du hast den Verein 30 Jahre lang umsichtig  und kompetent geführt und ihn zu Blüte, Ansehen und vor allem zu einem Kristallisationspunkt hoher Kunst und Kultur im Oberwallis gemacht. Er steht heute mit rund 260 Mitgliedern kräftig und gesund da.  Wenn ich richtig gezählt habe, hast Du in dieser Zeit fast 200 Anlässe für den Vortragsverein organisiert. Auch Deine Kunst- und Kulturreisen öffneten vielen Interessierten die Augen für die Schönheiten von Kunst und Kultur und weckten Staunen und Verehrung für die Befreiung des Vergänglichen durch das bleibend Ewige.

Für Deine grosse Arbeit über drei Jahrzehnte im Dienste unseres Vereins danken wir Dir heute und wir wissen, dass Dein Herz auch weiterhin lebhaft für unseren Verein schlägt. Wir danken Dir auch für die Weiterbetreuung unserer Publikationen in der Oberwalliser Presse.

Deiner Gattin Marie sei ebenfalls ein liebes Kränzchen gewunden und herzlich für ihre Arbeit hinter den Kulissen gedankt!

Unser Dank geht auch erneut an alle Deine Komiteemitglieder des Vortragsvereins, die Dir die letzten 30 Jahre zur Seite gestanden sind. Offiziell wurden sie bereits anlässlich der Generalversammlung im September 2009 geehrt und verabschiedet.

Ich beende meine Laudatio und zitiere nochmals Johann Wolfgang Goethe, der sich über das Leben , die Kunst, die Nachhaltigkeit und, wie mir scheint, auch über Dein Lebenswerk im Vorspiel zum Faust folgendermassen ausdrückte:

Ach, was in tiefer Brust uns da entsprungen,

Was sich die Lippe schüchtern vorgelallt,

Missraten jetzt und jetzt vielleicht gelungen,

Verschlingt des wilden Augenblicks Gewalt.

Oft, wenn es erst durch Jahre durchgedrungen,

Erscheint es in vollendeter Gestalt.

Was glänzt, ist für den Augenblick geboren;

Das Echte bleibt der Nachwelt unverloren.

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit

 

Dankesrede: Dr. Alois Grichting, Pastpräsident des Vortragsvereins

Ehrenabend Alois Grichting, Rittersaal Stockalperschloss

26.3.2011

Dankesadresse

Herr Präsident des Vortragsvereins Brig und Umgebung

Frau Stadtpräsidentin und Nationalrätin

Herr Ständerat

Herr Obmann des Rottenbundes

Herr Pastpräsident des Rotary Clubs Brig

Herr Präsident des Rotary Clubs Leuk-Leukerbad

Herr Chef der kantonalen Dienststelle für Kultur

Herr Franziskus Abgottspon

Herr Paul Locher und liebe Mitglieder des Paul Locher-Quartetts

Sehr geehrte Mitglieder des Vortragsvereins Brig und Umgebung

Liebe Verwandte und Freunde

Eigentlich sollte ich am Ende einer so berührenden literarischen und musikalischen Feierstunde nicht auch noch zu Ihnen sprechen. Wenn ich es dennoch tue, geschieht aus einem Gefühl tiefer Dankbarkeit.

Ich habe zu danken

Dem Vortragsverein Brig und Umgebung, seinem Vorstand und vor allem meinen Nachfolger im Amt des Präsidenten und Freund Dr. Joseph Fischer für die überaus sorgfältige und wohlwollende Organisation dieser meiner Verabschiedung in einem so überaus prächtigen Rahmen. Danke – auch für das liebenswürdige Geschenk! Es dürfte im Oberwallis  wenig 30–Jahr–Präsidenten geben, die in so ansprechender Weise verabschiedet und dann noch beschenkt werden. Meistens ist man ja in unserer Gesellschaft froh, dass ein 30 Jahre an seinem Sessel klebender Präsident endlich geht – wenn er nicht vorher gegangen wurde. Ich freue mich heute, dass der nun 80 Jahre zählende Vortragsverein in Dr. Joseph Fischer einen so  guten, gebildeten, kompetenten und kulturell aktiven Vorsitzenden erhalten hat. Ich wünsche auch ihm und seinem Vorstand gute und Früchte tragende Vereinsjahre.

Einen weiteren grossen Dank möchte ich Schauspieler, Sprecher und Freund Franziskus Abgottspon sagen, der uns heute wahre Kleinodien deutscher Lyrik erlebbar gemacht hat. Franziskus, der schon verschiedene Anlässe unseres Vereins mitgestaltete, rezitierte diese Schätze unserer deutschsprachigen Literatur in einer heute auch literarisch boulevardisierten Welt. Ich danke ihm, dass ich ihm Dichtungen vorschlagen durfte, die mir sehr am Herzen liegen, die wir seinerzeit teils auswendig lernten, die jetzt endlich in professionellem Vortrag geniessen durfte.

Mit grosser Freude habe ich – und ich glaube, wir alle – die wundersame, rätselvolle, nach François Mauriac aus einer anderen, besseren Welt stammende  Musik Mozarts gehört. Mein lieber Freund Violinist Paul Locher, Violinistin Fabienne Imoberdorf, Flötistin Eliane Locher-Walpen und Cellist Mathias Walpen – auch er ein von mir bewunderter Freund – haben sie uns in verdankenswerter Weise auf höchstem Niveau geschenkt. Ich hatte die Ehre, allen diesen sehr künstlerischen, professionellen und hochbegabten Musikern mit Ausnahme von Frau Imoberdorf  am Kollegium Brig Mathematik zu lehren. Sie sind gleichsam ein lebendiges Zeugnis dafür, dass gute Mathematiker sehr gute Musiker werden.

Sehr verbunden bin ich auch Stadtpräsidentin Viola Amherd für die freundlichen Worte, die sie zu meiner Person und zum Vortragsverein Brig und Umgebung gefunden hat. Als politische Verantwortliche der Simplonstadt, als Nationalrätin usw. hat sie viele Anliegen von Vereinen aller Art anzuhören und zu berücksichtigen. Ich danke ihr, der ich auch seit ihren Gymnasialjahren bekannt und verbunden bin, für die Unterstützung, die Sie, aber auch ihre Amtsvorgänger, in den drei Jahrzehnten meiner Wirksamkeit mir und dem Vortragsverein zukommen liess. Stets durften wir z.B. als Verein öffentlichen Nutzens gratis Gemeindelokale benutzen. Die Kulturkommission Brig-Glis  hat uns auch einen Obolus zur Publikation unserer 288 Seiten starken Vereinsgeschichte gespendet. Wir hatten ferner die Ehre, gemeinsam mit der Gemeinde und der Burgergemeinde etwa literarische Anlässe und Ehrungen, z.B. Gedenken an den Briger Ehrenburg Dr. Edzard Schaper, durchzuführen. Und heute durfte unser Verein hier zu Gast sein und Sie alle, meine Damen und Herren, hat die Gemeinde anschliessend zu einem Apero geladen. Für all dies möchte ich Ihnen, verehrte Frau Stadtpräsidentin, sehr herzlich und mit besten Wünschen für Ihre gesellschaftliche und politische Tätigkeit wünschen.

Mein Blick und mein Dank richtet sich in dieser glücklichen Stunde auch zurück zu  jenen Personen, die ich im Vortragsverein Brig kennen und schätzen lernte, die den Verein und mich prägten, die den Vortragsverein als Träger einer gehobeneren Kultur über Brig hinaus auf die Gesellschaft des ganzen Oberwallis ausstrahlen liessen. Ich denke hier zurück an die noch in meiner Amtszeit immer anwesenden, nun von uns geschiedenen Personen wie den ebenfalls 30 Jahre wirkende Präsidenten Dr. Hans Perrig, wie mein unvergesslicher Lehrer, Mentor und Freund Professor Dr. Albert Carlen, wie die ebenfalls verstorbenen, noch mit mir im Vorstand arbeitenden Mitglieder Marie-Louise Clausen, Oskar Walther, Dr. Leopold Borter, Dr. Arnold Imhof und an Revisor Willy Lohri… Mit etwas Wehmut denke ich an sie, die uns schon verlassen haben, zurück. Und ich erinnere mich, dass Goethe die schon Dahingeschiedenen in seiner „Zueignung“ zu „Faust“ als jene nennt, die sich einst dem trüben Blick, meinem noch trüben Blick, zeigten und ihn aufhellten. Und mit dem Meister möchte auch ich sagen:

„Ihr bringt mit Euch die Bilder froher Tage

Und manche liebe Schatten steigen auf.

Mein Busen fühlt sich jugendlich erschüttert

vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert.

Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage

Des Lebens labyrinthisch irren Lauf.

Und nennt die Guten, die, um schöne Stunden

Vom Glück getäuscht, vor mir hinweg geschwunden.

Und mich ergreift ein längst entwöhntes Sehnen

Nach jenem stillen ernsten Geisterreich.

Ein Schauer fasst mich, Träne folgt den Tränen.

Das strenge Herz, es fühlt sich mild und weich.

Was ich besitze, seh‘ ich wie im weiten

Und was verschwand, wird mir zu Wirklichkeiten“

Und es ist jetzt, meine Damen und Herren, eine erfreuliche Wirklichkeit, dass ich heute meinen lieben und verehrten Freund und Amtsvorgänger Professor Dr. Louis Carlen mit Frau Antoinette unter uns weiss. Ich hatte seinerzeit die Ehre, ihm, der wegen Wegzug aus Brig an die Universität Innsbruck einen Nachfolger suchte,  im Amt zu folgen und ihn dann zum Ehrenpräsidenten des Vortragsvereins zu ernennen. Wie sie gehört haben, erfreue auch ich mit seit dem Amtsantritt von Dr. Joseph Fischer dieser Würde. Über unseren Verein wachen also gleich zwei Co-Ehrenpräsidenten, die sich zudem noch recht häufig treffen und alles, was im Verein passiert, auch künftig einer diskreten, aber scharfen Analyse unterwerfen werden.

Ich verdanke aber nicht nur der Ehrenpräsidenten-Ebene viel. Ich fühle mich auch meinen vielen lieben, treuen und Gott sei Dank noch unter uns weilenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in grosser Dankbarkeit verbunden. Es sind dies: Sekretärin Francine Bellwald, 10 Amtsjahre, Sekretärin Clärli Müller, 11 Amtsjahre, Sr. Jazinta Ambord, 11 Amtsjahre, Charles Stünzi, noch heute aktives Vorstandsmitglied, 13 Amtsjahre, Kassier Hans Zehnder, der heute leider krankheitshalber nicht unter uns weilen darf, 21 Amtsjahre. Ihm wünsche ich von Herzen alles Gute und Kraft.

Sie alle, diese Vorstandsmitglieder, halfen mit, den Vortragsverein Brig in der Gesellschaft der Simplonstadt Brig sichtbar zu machen. Wir leben in einer Zeit zunehmender Telekratie und fortschreitender Boulevardisierung. Der Vortragsverein, der zwar einen gut arbeitenden Vorstand, einen zielstrebigen, tüchtigen  Präsidenten und – eben – zwei Ehrenpräsidenten, aber keine Statuten hat, bemüht sich, in dieser lärmigen, brüllenden, kreischenden, medienmanipulierten, elektronischen, mörderischen, kriegerischen, drogenschweren, nihilistischen, schwankenden und bedrohten Zeit jenes stille ernste und aus einem christlichen Humanismus schöpfende Geisterreich zu pflegen, das uns in den Schätzen der grossen Kunst, der grossen Musik und im grossen Vorrat der Weltliteratur und Weltkultur erschlossen wird. Er tat dies seit seiner Gründung im Jahre 1931 während 80 Jahren bis heute. In den vierziger, fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts war der Vortragsverein bestimmender  Kulturverein in Brig und im Oberwallis. Er bestritt Anlässe mit dem Weltrang-Pianisten Walter Gieseking, den Dichtern Carl Zuckmayer, Werner Bergengruen und Edzard Schaper, mit General Guisan, mit den Philosophen Joseph Bochenski und Jeanne Hersch und mit Bischöfen, unserem Kardinal, mit unseren Walliser Schriftstellern und Musikschaffenden, mit Schauspielern wie Will Quadflieg, Maria Becker, Robert Freitag, Heinz Woester und natürlich auch mit den Walliser Sprechern und Künstlern des Wortes, mit Franziskus Abgottspon und Beat Albrecht.

Auf Seite 199 unserer Vereinsgeschichte steht, dass Franziskus, dessen Porträt ins Gästebuch gezeichnet wurde, dazu schrieb: „Draussen war es aper und ich las drinnen Schaper“. Und Hannes Taugwalder fügte hinzu: „Unser Sohn Abgottspon!“ 

Nun, der Vortragsverein pflegt heute, wo wirklich jedermann Vorträge organisiert, eine wichtige kulturelle Nische durch eine verständliche Kulturvermittlung in zahlreichen Anlässen bei zumeist freiem Eintritt und in Kulturreisen von Format, in diesem Jahr nach Turin und St. Petersburg. Ich zweifle nicht daran, dass der Vortragsverein auch in einer  heute durch Lärm, Boulevard und gähnende Mittelmässigkeit geprägten Umgebung erfolgreich sein wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe als letztes auch Ihnen allen für die Ehre zu danken, die Sie dem Vortragsverein, den ausführenden Künstlern und mir durch Ihre Anwesenheit bezeugten. Es ist ganz in diesem Sinne und im Sinne des gerade geschilderten geistigen Hintergrunds, dass ich die mir heute erwiesene Ehrung als 30-Jahre-Präsident des Vortragsvereins freudig und dankbar annehme und mich auch für das wohlwollende Geschenk und – im Namen meiner Frau Marie – auch für Blumen  bedanke.  Die Pflege meiner familiären Verhältnisse, die Archivierung meiner Zeitungsbeiträge, meiner Radiosendungen auf RRO und Fotos auf meiner Internet-Homepage sowie die Mitarbeit im Kultur- und Kommentarsektor des Walliser Boten beschäftigen mich in meinem kleinen Häuschen in Glis-Zenhäusern immer noch nicht wenig. Und ich versuche, die Goethesche Maxime: „Das  ewig Wahre, fass es an!“ zu verwirklichen und das zu tun, was der Meister am Ende seiner Lebensgeschichte „Dichtung und Wahrheit“ schreibt: „Wie von unsichtbaren Geistern gepeitscht, gehen die Sonnenpferde der Zeit mit unseres Schicksals leichtem Wagen durch, und uns bleibt nichts als muthig gefasst, bald rechts, bald links, vom Steine hier, vom Sturze da, die Räder wegzulenken. Wohin es geht, wer weiss es?“

Ich danke Ihnen.

 

Video des Ehrenabends:

 

Presseberichte:

 

Ehrenabend für Dr. Alois Grichting Rittersaal des Stockalperschlosses, 26. März 2011,18.00 Uhr: Fotos

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